Nods to Mods-Interview: „Beyond Belief“ für Quake

Von: Joshua Boyle

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Willkommen zurück bei einer weitere Quake-Ausgabe von „Nods to Mods“ – einer Reihe, in der wir uns mit Kreativen aus der Community zusammensetzen und einen genaueren Blick auf ihren Schaffensprozess werfen. Wir freuen uns sehr, hier eine der frühesten Quake-Mods bislang präsentieren zu können: Ursprünglich im Jahr 1997 erschienen, ist „Beyond Belief“ jetzt als kostenloses acht Level umfassendes Add-on für die Neuveröffentlichung von Quake verfügbar.

SLAYERS CLUB: Begrüßt mit uns Matthias Worch, einen Newcomer bei unserer „Nods to Mods“-Reihe, aber sicher nicht in der Szene!

MATTHIAS WORCH: Hallo! Ich bin Matthias Worch, in der DOOM- und Quake-Mod-Szene damals bekannt unter dem Namen „Langsuyar“. Ich bin in Deutschland aufgewachsen und vor 25 Jahren nach Amerika gegangen, und zwar wegen „Beyond Belief“. Seither habe ich an einer Menge interessanter Projekte gearbeitet, beispielsweise an Dead Space 2, Star Wars 1313, Mafia 3, The Mandalorian (im Bereich „Virtual Production Tech“) und The Matrix Awakens: An Unreal Engine 5 Experience. Ich lebe mit Frau und Kindern in der San Francisco Bay Area.

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SLAYERS CLUB: Wie nahm deine Level-Bau-Karriere ihren Anfang?

MW: Bevor ich zum DOOM-Mapping kam, hatte ich schon kleine Commodore-64-Spiele in BASIC und 6502-Assembler gemacht und frühes 3D-Leveldesign auf dem Amiga in einem Programm namens 3D Construction Kit betrieben. Mit Leveldesign für DOOM habe ich angefangen, als ich mein erstes Modem bekam und einen DOOM II-Level-Editor (WadEd) von einer FIDONet-Mailbox herunterlud. Ich veröffentlichte eine neun Level lange Episode für DOOM II namens „The Troopers's Playground“. Die kam ganz gut an und führte dazu, dass ich zu ein paar wohlbekannten Megawads wie Memento Mori 2 und Requiem beitrug.

Während dieser Zeit hing ich viel im #level_design-IRC-Kanal rum, und wir alle dort verfolgten Quake und sprachen über die Mods, die wir für dieses Spiel vielleicht mal machen würden. Als Quake erschien, dauerte es, bis die großen Mods kamen. DOOM-Level konnten in ausgereiften und mit vielen Funktionen ausgestatteten 2D-Editoren erschaffen werden, aber Quake war 3D und die Tools gingen erst langsam online. Alle wollten schon Level machen, während die Editoren dafür erst noch entwickelt wurden, und so forderte diese Zeit, auch wenn sie aufregend war, viel Einsatz und Ausdauer. Ein schneller Computer schadete auch nicht! Quake-Level brauchten erheblich länger zum Kompilieren als ihre DOOM-Gegenstücke.

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SLAYERS CLUB: Wir finden es so großartig, endlich eine der ersten umfassenden Community-Episoden für Quake aus dem weit zurückliegenden Jahr 1997 präsentieren zu können. Kannst du uns ein bisschen was über die Quake-Modding-Szene der Frühzeit erzählen?

MW: In meinem Umfeld wandelte sich die DOOM-Modding-Szene allem Anschein nach zur Quake-Modding-Szene. So ziemlich jeder, den ich kannte, wechselte zu Quake. Wir hingen auf IRC rum und lasen Blue's News, Stomped und Scary's Quakeholio, um auf dem Laufenden zu bleiben und mit QuakeWorld eine komplett neue Welt des Internet-Multiplayers zu entdecken.

Ich erinnere mich an eine Menge großer Pläne und Ankündigungen für Totalkonvertierungen von Quake, die in dieser Zeit die Runde machten. Es gab ohne Ende Diskussionen im IRC über all die tollen Sachen, die die Leute mit Quake machen würden. Aber Quake erhöhte den Einsatz in puncto Level-Design-Komplexität und erforderlicher Manpower, und die Tools tauchten nur langsam online auf. Und so dauerte es eine Weile, bis das Ganze in Schwung kam. Die ersten inspirierenden Kreationen, an die ich mich erinnere, waren individuelle Singleplayer-Level (okay, die und CTF). Denkwürdige Totalkonvertierungen wie „Zerstörer“ kamen erst später.

Letztlich musste ich einfach meinen Kopf einziehen und die Arbeit machen. Ich arbeitete jede Nacht zwischen Deathmatch-Sessions an meinen Leveln, wobei die IRC-Kanäle #level_design und #ocrana (mein damaliger Quake-Clan) im Hintergrund liefen. Ich weiß nicht, ob ich damals besonders sozial war oder einfach nur Teil der „Community“ – ich machte einfach mein Ding, während ich mit Gleichgesinnten chattete.

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SLAYERS CLUB: Was war deine Hauptinspiration für diese neue Episode?

MW: Ich glaube, dass ich einfach nur eine gute Singleplayer-Episode für Quake machen wollte. Damals floss eine Menge Energie in Richtung Totalkonvertierungen – Total Dies und Total Das, häufig nie veröffentlicht. Nur wenige Leute wollten ihre Projekte auf Quake an sich aufsetzen.

Mich hat die Erstellung von Singleplayer-Inhalten immer gereizt. Und die Herausforderung, Level zu machen, die so gut waren wie die offiziellen Quake-Level, war eine große Motivation für mich. Als ich schließlich realisierte, dass ich tatsächlich eine professionelle Karriere in der Spielentwicklung verfolgen könnte, hat es mich auch gereizt, eine umfassende „Visitenkarte“ zu schaffen. Aber so richtig kapiert habe ich das erst, als ich schon auf meinem Weg in Richtung Entwickler war.

SLAYERS CLUB: Wie gehst du ans Leveldesign ran?

MW: Damals habe ich nur Level gemacht, die ich auch selbst gerne gespielt hätte. Die Level, die ich spielen wollte, hatten eine gute Mischung aus Erkundung und fesselnden Kämpfe und ließen einen staunen. Ich habe Quake ziemlich auf den Zahn gefühlt, denke ich, ich habe ergründet, wie man gutes Gameplay aus seinen Mechaniken herausbekommt. Und ich habe versucht, stets für einen guten Grund zu sorgen, warum ein Raum oder ein Gefecht mit einem Gegner vorhanden ist. Ich glaube nicht, dass in diesen Leveln irgendwelche verschwendeten Inhalte oder Lückenfüller stecken.

Das Pacing war mir wichtig, ich bemühte mich, eine stetige Entwicklung bei den Monstern und Waffen zu schaffen, um die Spieler bei der Stange zu halten. Ein oder zwei Konventionen auf den Kopf zu stellen – beispielsweise die Lightning Gun früh verfügbar zu machen, aber bei der Munition knausrig zu sein, oder neue Möglichkeiten zum Umgang mit Zombies zu schaffen (siehe BBelief2008) –, hielt ebenfalls das Interesse der Spieler hoch, würde ich sagen.

„Beyond Belief“ ist eine meiner frühesten Arbeiten, ich bekam also gerade erst ein Gefühl für das alles. Seither habe ich eine Menge meiner Erfahrungen und Philosophien in die Form einer Reihe von GDC-Vorträgen gebracht.

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SLAYERS CLUB: „Beyond Belief“ wurde ausgiebig als „schwere, aber faire“ Herausforderung gepriesen. Durchgehend großartig platzierte Monster und Waffen und ein schweißtreibender Bosskampf am Ende sorgen für eine wunderbar ausbalancierte Schwierigkeitskurve, die viele Community-Spieler zu lebenslangen Fans deiner Arbeit gemacht hat. Erzähl uns ein bisschen mehr darüber, wie dir das gelungen ist, nicht mal ein Jahr nach der Veröffentlichung von Quake?

MW: Vieles davon war einfach nur Ausprobieren und Rantasten. Ich spielte oft die originalen Level und noch viel öfter meine Level, verfeinerte und polierte sie und sorgte dafür, dass ich auch nach dem x-ten Mal noch Spaß hatte. Ich dachte mir, wenn ich als riesiger Quake-Fan Spaß an diesen Leveln hätte, dann hätten andere den auch. Ich glaube, der Ruf „schwer, aber fair“ zu sein, kam daher, dass ich dauerhaft dafür sorgte, dass es für mich unterhaltsam war. Wenn du ein Level-Set immer und immer wieder spielst und verfeinerst, dann drehst du bis zu einem gewissen Grad die Schwierigkeit hoch.

SLAYERS CLUB: Im Jahr 1997 müssen die verfügbaren Tools viel weniger anspruchsvoll gewesen sein als die Sachen, die es heute gibt. Wie in aller Welt hast du dieses Acht-Level-Add-on geschaffen, und welche Tools hast du dafür verwendet?

MW: Wie vorher schon gesagt, mit Einsatz und Ausdauer. Ich verwendete damals Quest, um alle meine Level zu bauen. Das hatte eine Benutzeroberfläche, die ich wirklich mochte, aber es hatte nur Wireframe-Ansichtsfenster. Die erste Version hatte noch keine keine Tools für die Texturausrichtung, weshalb ich die .map-Dateien mit einem Text-Editor bearbeitete, um den Textur-Versatz einzustellen. Ohne Clipping-Tools bestand jede Struktur im Original aus Würfeln, eine achtseitige Säule besteht beispielsweise aus drei gestapelten Würfeln, bei den die Ränder an den Außenseiten umgeschlagen sind.

Der Zeitaufwand für die Kompilierung war eine der größeren Herausforderungen. Bei einer kompletten BSP-Datei nahm die Berechnung von Beleuchtung und Sichtbarkeit eines Levels mehrere Stunden in Anspruch, weshalb ich das nicht oft machte. Normalerweise kompilierte ich eine schnelle Version des Levels zum Testen (es war normalerweise nicht dicht oder hatte keine schnelle Beleuchtung oder Sichtbarkeit). Ich spielte das Level, machte mir eine Menge Notizen und verpasste dann der nächsten Version so viele Änderungen wie möglich. Um die Sache noch schneller zu machen, kopierte ich oft einen Abschnitt des Levels in eine separate Map-Datei (die .map-Dateien von Quake sind lesbare Text-Dateien, weshalb das möglich war) und kopierte nach Abschluss der Arbeit die fertigen Abschnitte wieder zurück in die Hauptkarte.

Komplette Versionen des Levels kompilierte ich, während ich nachts schlief. Gegen Ende half mir ein Ocrana-Clankollege (Sputnik), indem er mir Fernzugriff auf einen der Computer in seiner Arbeit verschaffte. Ich konnte ein Level über FTP hochladen, das Kompilieren starten und das fertige Level später wieder runterladen. Das hielt meinen eigenen Computer betriebsbereit, was in einer Zeit, in der sich alles um Einzelprozesse drehte, eine große Sache war.

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*SLAYERS CLUB: Welche Tools sind heutzutage deine Lieblinge fürs Quake-Modding?

MW: Für BBelief2008 habe ich eine aktualisierte BSP-Version verwendet. Für das Remaster hielt ich mich an TrenchBroom, das nicht umsonst der aktuelle Standard zu sein scheint: Es macht viel Laune, damit zu arbeiten. Bei allen anderen Tools verwendete ich die alten Versionen, die ich noch in meinen Archiven hatte: TexMex und PakExplorer funktionieren immer noch!

SLAYERS CLUB: Wie lang hast du gebraucht, um dieses Acht-Level-Add-on fertigzustellen?

MW: Ich habe etwa sieben Monate dafür gebraucht, von November 1996 bis Mai 1997. Das Remaster beschäftigte mich einige Wochen, immer mal wieder zwischen Arbeit, Leben und Familie.

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SLAYERS CLUB: Hast du einen Favoriten unter den Moddern oder Mod-Teams in der Quake-Community, und was sind deine Lieblings-Mods?

MW: Damals inspirierten mich die Levels von Matt Sefton und Andrew Smith – sie schufen die Art von Singleplayer-Erfahrungen, die ich gerne spielen wollte. (Matt hatte auch eine tolle Review-Seite für Singleplayer-Maps namens SPQ Single Player Heaven.) Iikka Keränen hat wunderschöne Maps gemacht. „Zerstörer“ war in puncto Atmosphäre und Level-Design fantastisch, die Art von Konvertierung, die in Quake perfekten Sinn machte, und die Art von Mod, die ich vielleicht gemacht hätte, wenn ich kein Ein-Mann-Betrieb gewesen wäre.

In jüngerer Zeit hole ich die offiziellen Veröffentlichungen nach. Kürzlich bei einem Flug zurück aus Europa habe ich Dimensions of The Past von Machine Games auf meinem Steam Deck gespielt, und das war der Wahnsinn.

SLAYERS CLUB: Was hat dir an der Neuveröffentlichung von Quake auf modernen Plattformen am meisten Spaß gemacht?

MW: Quake hat einen besonderen Platz in der Computerspielgeschichte (und in meinem Herzen). Dass es jetzt so gut auf modernen Plattformen verfügbar ist, ist großartig. Ich hatte viel Spaß damit, die Singleplayer-Mod-Veröffentlichungen nachzuholen, und ich spiele sie normalerweise auf meinem Steam Deck. Tragbares Quake sorgt für einen Nostalgie-Kick, der nur schwer zu übertreffen ist! Ich freue mich auch darauf, meinem 12-jährigen Sohn auf diese Weise beim Spielen von „Beyond Belief“ zuzusehen, nachdem das Add-on nun ja offiziell veröffentlicht ist.

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SLAYERS CLUB: Willst du hier noch jemanden erwähnen oder grüßen? Jetzt ist deine Chance.

MW: Ich würde gerne besonderen Dank an meine Mitverschwörer richten:

Denis Möller, auf dessen unvollendeter Map BBelief2 basiert. Andi Fink (selbiges für BBelief3). Negke, der BBelief2008 aus der Tür brachte, als ich meinen Fuß bewegte. Dave Weidens Mod machte den Originalboss so denkwürdig – leider gelang es uns nicht, ihn für diese Neuveröffentlichung zu kontaktieren, weshalb ich die Chthon-Logik hier nachempfunden musste.

Mike Rubits von id ist immer da, wenn man Hilfe mit der Neuveröffentlichung braucht. Ericw lieferte unschätzbaren Tool-Support, als sich herausstellte, dass ein Bug in modernen QBSP-Versionen dazu führte, dass die Source-Maps von „Beyond Belief“ inkorrekt kompiliert wurden. Die gesamte Quake-Mapping-Community auf Discord – ihre Hilfe war toll.

Und schlussendlich danke ich meiner Frau und Familie, dass sie mir die Zeit gegönnt haben, dieses Remaster zu machen.

Wenn ihr Add-on-hungrige Ranger seid, die vielleicht unser letztes Nods to Mods-Interview versäumt haben – seht euch doch hier unser Gespräch mit Christian Grawert und John Fitzgibbons an, die „Rubicon 2“ gemacht haben, das jetzt ebenfalls im Spiel verfügbar ist!

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